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Marcus Dachsel
Raketenbauer Registriert seit: Aug 2003 Wohnort: Rotenburg (W.) Verein: Jugend und Technik Beiträge: 114 Status: Offline |
Beitrag 41453
, Drallstabilisierung
[27. Dezember 2003 um 03:26]
Hallo allerseits!
Vor einiger Zeit wurden hier sehr ausführlich zwei Arten der Drallstabilisierung diskutiert. Zum Einen die der Flossengeometrie. Wobei diese Möglichkeit (selbstredend) bei flossenlosen Raketen ausfällt. Die Andere Methode bezog sich auf den Einbau von kleinen Motoren zur Drallerzeugung. Die hierbei auftretenden Probleme wurden sehr ausführlich behandelt. Diese Lösung dürfte also eher schwierig zu handeln sein und fällt für kleine Modelle weg. Ich möchte daher zwei völlig andere Lösungen zur Diskussion stellen. Sie sind prinzipiell identisch, eignen sich aber für unterschiedlich große Raketen ebenso unterschiedlich gut. 1. Das Anbringen von "Leitblechen" ähnlich der Graphitruder der A4 im Abgasstrahl. Alternativ dazu eine Lochplatte. Die Löcher müssen dabei natürlich SCHRÄG gebohrt werden. Diese Lösung wurde tatsächlich mal verwendet (WK II). Lange wurde allerdings an dem richtigen Winkel der Löcher rumprobiert. Ich meine diese Lösung ist konstruktiv recht Anspruchslos und eignet sich hervorragend für kleine Modelle. 2. Bei einer Motoranzahl >=2 können die Motoren (um die Längsachse) "verdreht" eingebaut werden. Somit verlässt der Abgasstrahl die Rakete (als Ganzes gesehen) schräg und versetzt sie dadurch in Rotation. Wobei die Energieausbeute hier besonders hoch ist. Auch konstruktiv nicht sehr fordernd meine ich. Aber nur sinnvoll / möglich bei größeren Modellen (Cluster eben). Ich möchte mich jetzt und hier nicht in den Details verlieren. Schlagt doch lieber erstmal mit Euren Meinungen Kritiken zu.... Gruß Marcus Wer bekannte Wege geht kommt nur dahin, wo andere schon waren. |
Herbert
Epoxy-Meister Registriert seit: Sep 2000 Wohnort: Verein: RAMOG e.V. Beiträge: 237 Status: Offline |
Beitrag 41460
[27. Dezember 2003 um 12:29]
Drallstabilisierung ist immer mit mehr oder weniger Energieverlust (Aufstiegshöhe) verbunden.
Daher sollte sie nur eingesetzt werden, wenn man sie unbedingt braucht, so z.B. bei Bündelung von Motoren, wenn deren Impuls nicht ganz gleichmäßig ist. Den unterschiedlichen Impuls von Motoren zu kompensieren, ist aber auch auf andere Art möglich. Eine zu hohe Drallgeschwindigkeit kann beim Fallschirmauswurf fatale Folgen haben. Es ist schon mehrfach passiert, dass durch die Drehung der Rakete der Fallschirm bzw. die Schnüre aufgewickelt werden, wodurch der Fallschirm nicht mehr aufgeht und nur noch als "Fahne" wirkt. Noch schlimmer ist es, wenn sich sogar der Fallschirm um die Rakete wickelt und alles zusammen wie ein Stein zum Boden zurückstürzt. Daher die Drallstabilierung sehr vorsichtig dosieren und am besten ganz vermeiden. Herbert |
Juerg
SP-Schnüffler Registriert seit: Jan 2001 Wohnort: 8102 Oberengstringen, CH Verein: ARGOS Beiträge: 951 Status: Offline |
Beitrag 41461
[27. Dezember 2003 um 12:57]
Ich kann da nur Herbert's Aussage unterstützen und möchte noch zu bedenken geben, dass Unwucht der Rakete um die Längsachse zu Korkenzieher-Flugbahnen führt.
Zudem bleibt bei allen Systemen ein Problem bestehen, nämlich "was passiert unmittelbar nach Verlassen der Rampe". In dieser Flugbahn hat sich der Drall noch nicht aufbauen können, entsprechend fehlt die Stabilisierung. Drall wird normalerweise zur Erreichung einer präziseren Fluglage (geringere Reaktion auf kurze Störungen) eingesetzt, nicht aber um eine Rakete zu stabilisieren. Das tut Drall übrigens auch nicht, die Reaktion auf eine Störung wird durch Drall nur abgelenkt und reduziert, nicht aber verhindert. Gruss Jürg |
FabianH
Grand Master of Rocketry
Registriert seit: Okt 2003 Wohnort: Gevelsberg Verein: Ramog, Solaris-RMB, FAR Beiträge: 4123 Status: Offline |
Beitrag 41462
[27. Dezember 2003 um 13:26]
die zweite variante wird sicherlich auch nicht gehen da die flossen dann mitgeformt werden müssten (in drehrichtung) weil diese sonst gegen den luftwiderstand kämpfen müssen!
das ist bei Wind dann undenkbar! |
Juerg
SP-Schnüffler Registriert seit: Jan 2001 Wohnort: 8102 Oberengstringen, CH Verein: ARGOS Beiträge: 951 Status: Offline |
Beitrag 41465
[27. Dezember 2003 um 14:38]
Ja, das ist richtig, die Flossen müssten dann parallel zur Schubachse verdreht werden, was aber auch nicht so einfach ist: Innen in Rumpfnähe müsste der Winkel ein anderer sein als aussen an der Flossenspitze, analog einem Propeller. Es gibt also auf jeden Fall Verluste. Für Sport also ist das sicher kein sinnvoller Weg.
Ganz allgemein ist auch das Flugbild einer schnell rotierenden Rakete kein schönes (sehr nervös wegen den wirbelnden Flossen) Eins dürfen wir zudem nicht vergessen: Unsere leichten Modelle bräuchten eine wesentlich höhere Rotationsgeschwindigkeit für merklichen Einfluss des Dralls als die tonnenschweren Missiles wie z.B. eine Honest John. Auch darum ist dieses Prinzip in unserem Hobby kaum umzusetzen. Dass es mit viel Tüfteln gehen kann haben Leute wie Johannes Haux mit seinem 2-Flosser bewiesen, aber das ist die Ausnahme welche die Regel bestätigt. (Das erinnert mich an eine Hausaufgabe: Die physikalischen Zusammenhänge wollte ich mal sauber erarbeiten...jaja, Zeit sollte man mehr haben... ) Gruss Jürg |
Marcus Dachsel
Raketenbauer Registriert seit: Aug 2003 Wohnort: Rotenburg (W.) Verein: Jugend und Technik Beiträge: 114 Status: Offline |
Beitrag 41483
[27. Dezember 2003 um 21:26]
Hallo!
Erst einmal vielen Dank für die schnellen Antworten. Es ist schon klar, dass durch den Drall einiges an wertvoller Enervie verloren geht. Auch dass es eine Vielzahl anderer Probleme gibt. Aber es gibt nunmal eine ganze Reihe "Raketenvorbilder" die ohne Flossen auskommen. Sofern man diese nachbauen will kommt man wohl um diese Lösung nicht drum rum. Es ging mir auch nicht darum, das nun als Königsweg zu propagieren. Darüber hinaus halte ich die Kombination von Drall und Flossen für ziemlich sinnlos. Zum einen, wozu brauche ich den Drall wenn ich Flossen habe? Zum anderen, der Drall wird durch die Flossen stark abgebremst. Das kostet zusätzlich Energie. Ich bin aber nicht der Meinung, dass die Flossen auch entsprechend gedreht werden müssen. Die Dralllänge ist so groß, dass das kaum Auswirkungen haben dürfte. Jedenfalls sind die Flossen einer Honest John oder Lance meines Wissens nach absolut gerade. Insgesamt ging es mir aber viel weniger um das OB sondern viel mehr um die beschriebenen technischen Lösungen. Bzw. darum, ob diese überhaupt praktikabel sind. Wobei ja - wie schon erwähnt - die Sache mit der Lochplatte aus der Praxis kommt. Gruß Marcus Wer bekannte Wege geht kommt nur dahin, wo andere schon waren. |
emmpunkt
Überflieger Registriert seit: Jul 2003 Wohnort: Nümbrecht Verein: Solaris-RMB Beiträge: 1115 Status: Offline |
Beitrag 41485
[27. Dezember 2003 um 21:34]
Hi,
vergiss aber nicht, das die "Vorbilder" nicht dazu gedacht sind, am Fallschirm runter zu kommen! Diese Raketen sind für den Auf- oder Einschlag gedacht! Wir wollen das eigendlich mit allen Mittel verhindern Gruss M. |
Andi Wirth
Überflieger Registriert seit: Nov 2002 Wohnort: Winterthur/CH Verein: ARGOS, TRA, MGSU Beiträge: 1262 Status: Offline |
Beitrag 41486
[27. Dezember 2003 um 21:45]
Hallo miteinander
Das mit den Vorbildern ist so eine Sache ... Drallstabilisiert ist kaum eine "echte" Rakete. Fast alle, die beim Start einen Drall erhalten, würden auch ohne Drall stabil fliegen (Flossen). Der Drall dient AFAIK vor allem dazu, bei ungelenkten Raketen allfällige Ungenauigkeiten beim Bau (Motor, Flossen, Rumpf) auszugleichen und so die Flugbahn im Mittel auf dem vorausberechneten Pfad zu halten. Flossenlose Raketen sind praktisch alle aktiv stabilisiert (Schubvektorsteuerung über schwenkbare Düsen oder Strahlruder). Ausnahmen sind einige Oberstufen von Raketen, die erst in dünner Luft alleine fliegen und deshalb nicht über Flossen stabilisiert werden können. Diese werden aber i.A. über die unteren Stufen in Drall versetzt und behalten diesen bei (ev. sogar über Elektromotoren wie bei den ersten Explorer-Satelliten). Gruss Andi Lebenserfahrung ist die Summe der Fehler, die zu machen sich kein anderer gefunden hat. (Jules Romains) |
Juerg
SP-Schnüffler Registriert seit: Jan 2001 Wohnort: 8102 Oberengstringen, CH Verein: ARGOS Beiträge: 951 Status: Offline |
Beitrag 41491
[27. Dezember 2003 um 22:38]
Andi sagt das völlig richtig, das ist vielleicht aus meinem Posting nicht herausgekommen: Eine instabile Rakete wird auch durch drall nicht stabil (Du kannst bei unseren Modellen niemals ein Trägheitsmoment durch Drall erreichen welches ausreicht um den Flug zustabilisieren, dazu sind die Modelle schlicht zu klein und zu leicht).
Aber nimm doch einfach durchsichtige Flossen (Lexan, nicht Plexi!). Die sieht man auch nicht: http://www.argoshpr.ch/Ariane4/ArianeFullPower.jpg http://www.radelow.de/modellraketen/7/Kaltbrunn/level1.jpg Gruss Jürg |
Marcus Dachsel
Raketenbauer Registriert seit: Aug 2003 Wohnort: Rotenburg (W.) Verein: Jugend und Technik Beiträge: 114 Status: Offline |
Beitrag 41492
[27. Dezember 2003 um 23:04]
Hallo Jürg (und natürlich alle anderen)!
Also, bevor ich überhaupt irgend welche Flossen in die Hand nehm wird sicherlich noch einige Zeit vergehen. Aber - und das ist keine Widerrede sondern einfach Geschmacksache - es werden keine Lexan-Flossen sein. Ich konnte schon die dämlichen Plexi-Ständer für die Flugzeugmodelle früher nicht leiden. Entweder das Teil steht von alleine oder es fällt beim Umkippen aus Versehen in die Tonne... Das mit dem fehlenden Gewicht ist allerdings überzeugend. Es macht also grundsätzlich keinen Sinn, sich im "Modellmassstab" Gedanken darüber zu machen? Gut, dann wird wenigstens wieder etwas Rechenzeit im Kopf frei. Gruß und vielen Dank an alle. Marcus Wer bekannte Wege geht kommt nur dahin, wo andere schon waren. |